Microkredite sind sexy

Microkredite sind sexy. Das steht außer Frage. Die bisher nur aus den Entwicklungsländern bekannte Kreditform, bei der meist mittellose Frauen zum geschäftlichen Erwerb von Produktionsgütern Kleistkredite erhalten, könnte auch bald in Deutschland festen Einzug erhalten. In den Entwicklungsländern erhalten meist Geschäftsfrauen, da sie als ehrbare Schuldner gelten, Kleinstkredite von umgerechnet 25 Euro für Anschaffungen zum täglichen Broterwerb, für das die Schuldnerinnen bereit sind bis zu 27 Prozent Schuldzinsen zu bezahlen. Bei normalen Banken würden die meist mittellosen Geschäftsfrauen aufgrund fehlender Sicherheiten keinen Cent erhalten. Andererseits würde hier ein Banker für 25 Euro nicht einmal seinen Kugelschreiber in die Hand nehmen.

Doch die Finanzkrise zwingt zum Umdenken. Noch nie war es für den Mittelstand so schwierig wie heute, kurzfristige Kleinstdarlehen zu erhalten. Um ein paar Tausend Euro Kreditlinie zu erhalten, verlangen Banken inzwischen verwertbare Sicherheiten. Blanko geht derzeit gar nichts mehr.

„Ja muss ich denn erst Geld bringen, um einen Kredit zu erhalten?!“ ist die Standardfrage der anfragenden Schuldner, wenn sie reihenweise bei ihrer Hausbank eine Absage erhalten. So sind Konsumdarlehen wie sie reihenweise in den Media-Shoppinghallen zur Anschaffung von LCD-Fernseher, Computern oder Kaffeevollautomaten für Arbeitnehmer angeboten werden, nach wie vor sehr leicht zu erhalten. Zwei, drei Gehaltabrechnungen genügen – so schwierig ist es für Selbstständige auch nur ein paar Monate an frisches Geld zu kommen. Die fehlenden Sicherheiten gelten als Kreditrisiko – und das scheuen die Banken derzeit wie der Teufel das Weihwasser.

So stellt sich die Frage, ob das Geschäftsmodell der Microkredite nicht auch auf Deutschland anwendbar ist. Ein paar tausend Euro für drei Monate zu zehn, fünfzehn oder gar zwanzig Prozent  Kreditzinsen – das kann für manchen Kleinstbetrieb eine überlebenswichtige Finanzspritze sein. Und für den Investor eine lohnende Investition. So wären dies Zinsen in Höhe von 250 Euro für 90 Tage, wenn ein Schuldner sich 10 000 Euro zu zehn Prozent Jahreszinsen leihen würde. Für einen risikobereiten Investor ein sehr interessantes Geschäft, denn sein Gewinn beträgt ein vielfaches dessen, was er für sein Geld bei der Bank erhalten würde.

Bleibt nur das Risiko der Rückzahlung. Während in den Entwicklungsländern die Ausfallquoten der Microkredite bei ein bis zwei Prozent liegen, dürfte die Ausfallquote in Deutschland wesentlich höher liegen. Denn in fast keinem anderen Land der Erde ist es so einfach wie hier mit unbezahlten Schulden zu leben. Denn die Hände der Kreditgeber sind gegenüber den Schuldnern sehr gebunden – rechtlich besteht auf einen titulierte Forderung ein Anspruch von 30 Jahren. Doch wie heißt es hier so schön: „Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen“. Und durch eine Verbraucherinsolvenz kann ein Schuldner sich nach sechs Jahren bereits seiner ungeliebten Forderungen entziehen.

Ob Microkredite wirklich sexy sind? Schon, nur nicht in Deutschland.

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