Wie sich Porsche verkalkulierte

Jeder, der sich an der Börse bisher engagierte, hat auch schon Geld verloren. Ohne Verlierer keine Gewinner, eine ganz einfache Regel. Das geht mir nicht anders. Hier mal ein paar Hunderter gewonnen, da mal einen Tausender in den Sand gesetzt. Unterm Strich bleibt nicht viel. Und es ging niemals um das eigene überleben, die Finanzasse war nie bedroht. Anders beim Zuffenhausener Sportwagenhersteller Porsche. Seit einigen Jahren verfolgten die Manager des Autobauers einen eigenen Plan der Mithilfe der Börse umgesetzt werden sollte: Die übernahme von Volkswagen. Geblieben sind seine Schuldenlast von neu Milliarden.

Vor knapp vier Jahren begann der Raubzug. Porsche-Chef Wiedeking versuchte die Macht den Wolfsburgern zu entreißen. Doch eine Aktienmehrheit genügt bei Volkswagen nicht. Das sogenannte „VW-Gesetz“ schützt den Konzern. Weltweit einmalig. Und Wiedeking kämpft dagegen an. Seine gesamte übernahmestrategie baute er auf einer einzigen Voraussetzung auf: Die Europäische Union werde diese Regelung kippen. Das mit der Privatisierung des Volkswagen-Konzerns 1960 in Kraft getretene Gesetz sieht zum Schutz vor feindlichen übernahmen eine Begrenzung der Stimmrechte jedes Einzelaktionärs auf maximal 20 Prozent vor. Dabei ist es egal, ob er Einzelaktionär – also beispielsweise Porsche – mehr als 20 Prozent der Aktien hält. Das Land Niedersachsen, selbst Großaktionär von Volkswagen und mit 20 Prozent beteiligt, hat somit eine Sperrminorität. Ohne ein OK der Niedersachsen kann keine Entscheidung getroffen werden. Der Europäische Gerichtshof sah 2007 darin einen Verstoß gegen EU-Recht.

Im Oktober 2008 hielt Porsche bereits über 40 Prozent der VW-Stammaktien. Auch seine Verschuldung von rund drei Milliarden kann als moderat bezeichnet werden. Am 27. Mai 2008 hatte die Bundesregierung einen neuen Regierungsentwurf für ein neues VW-Gesetz vorgelegt, gegen den es sofort massive Proteste gegeben hat – natürlich auch von Porsche, denn solange das VW-Gesetz gilt, ist der teure Kauf von VW-Aktien sinnlos. Warum kaufte also Porsche weiter zeitweise überteuerte VW-Aktien?
Porsches Finanzchef Härter hatte im vergangenen Jahr Aktienoptionsgeschäfte abgeschlossen, die Porsche einen Zugriff auf knapp 75 Prozent der VW Aktien sicherten. Im Hintergrund kauften nun Banken Aktien für Porsche und der Kurs der Aktie stieg.  Wenn nun Porsche keine VW-Aktien mehr kauft, weil dies einfach keinen Sinn mehr macht, besitzen die Banken dennoch Anteilscheine. Da auch die Banken kein Interesse mehr an Volkswagen-Aktien haben, würden diese versuchen, die Aktien an der Börse wieder zu verkaufen. Der Kurs der Aktie würde massiv fallen und einem Investor – so Porsche – drohen massive Abschreibungen auf ihr Aktienpaket, das sie bereits besitzen. Rote Zahlen des Konzerns wären sehr schnell in greifbarer Nähe.

Also hatten die Porsche-Manager fast keine andere Chance als ihre Strategie weiterzuverfolgen. Im Januar diesen Jahres versuchte eine Bank ein achtprozentiges Aktienpaket von Volkswagen zu verkaufen. Porsche griff zu – und erhöhte seine Verschuldung auf neun Milliarden Euro.

Aktuell scheint Porsche noch immer Aktienoptionen über viele Milliarden zu besitzen. Und die Banken, die im Besitz von rund 20 Prozent der Aktien sind, würden gerne Kasse machen. Porsche ist also gezwungen, weiter zu Kaufen. Der Spuk hat nur ein Ende, wenn Porsche neues Geld für den Kauf der Papiere erhält oder ein Investor den Banken die Optionen abkauft. Doch dieser ist nicht in Sicht.
Daher dürfte es wohl zur „Vernunftsehe“ mit Volkswagen kommen. Der Wolfsburger Konzern verfügt über Barreserven von mehr als zehn Milliarden. Wahrscheinlich genüg um dem Spuk ein Ende zu bereiten.

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