Der Porsche Coup – Teil 2

02. November 2008: Das müsse man „sofort verbieten“, fordert Finanzvorstand Holger Härter laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“. Gemeint sind damit die Leerverkäufe von Aktien, die den Aktienkurs von VW so hoch getrieben hatten.

27. November 2008: Herber Rückschlag für Porsche im Kampf um Volkswagen: Das Land Niedersachsen hat sich im Streit um die Sperrminorität bei VW durchgesetzt. Das Landgericht Hannover wies die Klage des VW-Großaktionärs Porsche ab, die 20-prozentige Sperrminorität des Landes Niedersachen aufzuheben. Porsche kündigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen. „Die Entscheidung des Gerichts ist nicht nachvollziehbar“, sagte ein Sprecher des Sportwagenbauers in Stuttgart. „Wir werden in beiden Verfahren Rechtsmittel einlegen und haben in der Sache einen langen Atem.“
Gleichzeitig veröffentlicht Porsche einen Geschäftsbericht aus dem hervorgeht, dass der sechsköpfige Vorstand von Porsche im abgelaufenen Geschäftsjahr 2007/2008 143,5 Millionen Euro verdient hat. Auf den Porsche-Chef Wiedeking entfallen rund 77,4 Millionen Euro.

03. Dezember 2008: Volkswagen gibt bekannt, dass ein großer Teil der Belegschaft und der Manager Aktienoptionen gewandelt und insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag erzielt habe. Dies sei möglich gewesen, da die Aktie zeitweise über 1 000 Euro pro Stück gehandelt wurde.

05. Januar 2009: Porsche teilt mit, die Beteiligung an VW von 42,6 Prozent der Stammaktien auf 50,8 Prozent erhöht zu haben. „Wir sind unserem Ziel von 75 Prozent einen guten Schritt näher gekommen“, sagte ein Porsche-Sprecher und ergänzte: „Wir halten unseren Fahrplan hierfür ein, der nicht aus fixen Daten sondern Bandbreiten besteht.“

06. Januar 2009: Nachdem der Sportwagenhersteller tags zuvor mitgeteilt hatte, nun endgültig die Mehrheit an Volkswagen übernommen zu haben, legte die VW-Aktie erneut kräftig zu. VW-Aktien standen rund 15 Prozent im Plus bei 294 Euro, während der Dax nur um 1,3 Prozent zulegte.

30. Januar 2009: Gegenwind auf der Hauptversammlung des Sportwagenbauers in der Stuttgarter Porsche-Arena. Binnen eines Jahres sackte die Porsche-Aktie von 150 Euro auf unter 44 Euro ab.

26. Februar 2009: Für Porsche wird die Verlängerung seiner zehn Milliarden-Kreditlinie immer teurer. Diese wurde gebraucht, um immer weiter VW-Aktien zu erwerben. „Wir sind auf gutem Wege und optimistisch, die Refinanzierung noch im März zu bekommen“, sagte ein Sprecher des Konzerns. Konditionen werden nicht genannt.

04. März 2009: In einem Handelsblatt-Interview bekräftigte Porsche-Chef Wendelin Wiedeking Volkswagen übernehmen zu wollen: „Wir wollen 75 Prozent an VW. Wer sein Ziel aufgibt, hat verloren. So einfach ist das.“

27. März 2009:  Die Volkswagen-Aktie setzt ihre verrückte Rally fort. In den vergangenen beiden Tagen schoss der Aktienkurs von 218 auf 260 Euro hoch. Ein Kursgewinn von 20 Prozent. Spekulationen, dass die endgültige übernahme von Volkswagen durch Porsche kurz bevorstehe, heizt die Lage weiter an.

15. April 2009: Die EU-Kommission räumt ein, dass sich die neue Klage gegen das geänderte VW-Gesetz verzögern wird. Porsche gerät  in die Defensive.

6. Mai 2009: Bei einem Krisentreffen soll eine Entscheidung getroffen werden. Aufgrund seiner Schulden von mehr als neun Milliarden Euro und der offenen Verlängerung von Kreditzusagen benötigt Porsche dringend frisches Geld.

07. Mai 2009: Der Machtkampf ist zu Ende. Dreieinhalb Jahre nach dem Einstieg bei Volkswagen rückt Porsche von seinem übernahmeplan ab und strebt nun eine Fusion an. Volkswagen und Porsche sollen in einem integrierten Autokonzern zusammengeführt werden. Die insgesamt zehn Marken – mit dem Sportwagenhersteller Porsche – sollen eigenständig bleiben. Das Land Niedersachsen hat gewonnen.

Wie sich Porsche verkalkulierte

Jeder, der sich an der Börse bisher engagierte, hat auch schon Geld verloren. Ohne Verlierer keine Gewinner, eine ganz einfache Regel. Das geht mir nicht anders. Hier mal ein paar Hunderter gewonnen, da mal einen Tausender in den Sand gesetzt. Unterm Strich bleibt nicht viel. Und es ging niemals um das eigene überleben, die Finanzasse war nie bedroht. Anders beim Zuffenhausener Sportwagenhersteller Porsche. Seit einigen Jahren verfolgten die Manager des Autobauers einen eigenen Plan der Mithilfe der Börse umgesetzt werden sollte: Die übernahme von Volkswagen. Geblieben sind seine Schuldenlast von neu Milliarden.

Vor knapp vier Jahren begann der Raubzug. Porsche-Chef Wiedeking versuchte die Macht den Wolfsburgern zu entreißen. Doch eine Aktienmehrheit genügt bei Volkswagen nicht. Das sogenannte „VW-Gesetz“ schützt den Konzern. Weltweit einmalig. Und Wiedeking kämpft dagegen an. Seine gesamte übernahmestrategie baute er auf einer einzigen Voraussetzung auf: Die Europäische Union werde diese Regelung kippen. Das mit der Privatisierung des Volkswagen-Konzerns 1960 in Kraft getretene Gesetz sieht zum Schutz vor feindlichen übernahmen eine Begrenzung der Stimmrechte jedes Einzelaktionärs auf maximal 20 Prozent vor. Dabei ist es egal, ob er Einzelaktionär – also beispielsweise Porsche – mehr als 20 Prozent der Aktien hält. Das Land Niedersachsen, selbst Großaktionär von Volkswagen und mit 20 Prozent beteiligt, hat somit eine Sperrminorität. Ohne ein OK der Niedersachsen kann keine Entscheidung getroffen werden. Der Europäische Gerichtshof sah 2007 darin einen Verstoß gegen EU-Recht.

Im Oktober 2008 hielt Porsche bereits über 40 Prozent der VW-Stammaktien. Auch seine Verschuldung von rund drei Milliarden kann als moderat bezeichnet werden. Am 27. Mai 2008 hatte die Bundesregierung einen neuen Regierungsentwurf für ein neues VW-Gesetz vorgelegt, gegen den es sofort massive Proteste gegeben hat – natürlich auch von Porsche, denn solange das VW-Gesetz gilt, ist der teure Kauf von VW-Aktien sinnlos. Warum kaufte also Porsche weiter zeitweise überteuerte VW-Aktien?
Porsches Finanzchef Härter hatte im vergangenen Jahr Aktienoptionsgeschäfte abgeschlossen, die Porsche einen Zugriff auf knapp 75 Prozent der VW Aktien sicherten. Im Hintergrund kauften nun Banken Aktien für Porsche und der Kurs der Aktie stieg.  Wenn nun Porsche keine VW-Aktien mehr kauft, weil dies einfach keinen Sinn mehr macht, besitzen die Banken dennoch Anteilscheine. Da auch die Banken kein Interesse mehr an Volkswagen-Aktien haben, würden diese versuchen, die Aktien an der Börse wieder zu verkaufen. Der Kurs der Aktie würde massiv fallen und einem Investor – so Porsche – drohen massive Abschreibungen auf ihr Aktienpaket, das sie bereits besitzen. Rote Zahlen des Konzerns wären sehr schnell in greifbarer Nähe.

Also hatten die Porsche-Manager fast keine andere Chance als ihre Strategie weiterzuverfolgen. Im Januar diesen Jahres versuchte eine Bank ein achtprozentiges Aktienpaket von Volkswagen zu verkaufen. Porsche griff zu – und erhöhte seine Verschuldung auf neun Milliarden Euro.

Aktuell scheint Porsche noch immer Aktienoptionen über viele Milliarden zu besitzen. Und die Banken, die im Besitz von rund 20 Prozent der Aktien sind, würden gerne Kasse machen. Porsche ist also gezwungen, weiter zu Kaufen. Der Spuk hat nur ein Ende, wenn Porsche neues Geld für den Kauf der Papiere erhält oder ein Investor den Banken die Optionen abkauft. Doch dieser ist nicht in Sicht.
Daher dürfte es wohl zur „Vernunftsehe“ mit Volkswagen kommen. Der Wolfsburger Konzern verfügt über Barreserven von mehr als zehn Milliarden. Wahrscheinlich genüg um dem Spuk ein Ende zu bereiten.

Der Porsche Coup – Teil 1

23. Juni 2006: Porsche will seinen Anteil an VW auf 25,1 Prozent aufstocken und bittet das Bundeskartellamt diesen Schritt zu prüfen. Anders als bei anderen Aktiengesellschaften ist damit noch keine Sperrminorität erreicht, denn das VW-Gesetz enthält eine Stimmrechtsbegrenzung bei 20 Prozent. Porsche rechnet damit, dass der Europäische Gerichtshof das VW-Gesetz 2007 kippen wird.

13. Februar 2007: EU-Generalanwalt Damazo Ruiz-Jarabo Colomer beantragt, einer Klage der Europäischen Kommission gegen das VW-Gesetz stattzugeben.

24. März 2007: Der Porsche-Aufsichtsrat genehmigt die Erhöhung des VW-Anteils auf mehr als 30 Prozent.

29. Mai 2007: Das Land Niedersachsen kauft für rund 41 Millionen Euro weitere VW-Aktien. Damit will Ministerpräsident Wulff  verhindern, dass der Länderanteil bei den Stimmrechten unter 20 Prozent sinkt.

23. Oktober 2007: Der Europäische Gerichtshof verwirft das deutsche VW-Gesetz, das dem Land Niedersachsen Sonderrechte am Wolfsburger Automobilkonzern sichert. Porsche-Chef Wiedeking begrüßt das Urteil: „Wir sind daran interessiert, unsere Stimmrechte auch voll ausüben zu können“.
Die große Koalition in Berlin beginnt mit einer änderung des VW-Gesetzes. Das Ziel, dass Niedersachsen weiterhin ein Vetorecht behalten soll, immer vor Augen.

3. März 2008: Der Porsche-Aufsichtsrat genehmigt eine Aufstockung der Beteiligung an VW auf mehr als 50 Prozent.

Herbst 2008: Porsche teilt überraschend mit, dass man sich bereits einen großen Teil der VW Stammaktien gesichert habe und eine übernahme von Volkswagen in greifbare Nähe gerückt sei.

19. September 2008: Die VW-Aktie schließt mit einem plus von 27 Prozent auf einem Rekordhoch von 305 Euro. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ein Dax-Wert schon einmal mehr als 25 Prozent gestiegen ist“, sagte der Auto-Analyst Frank Schwope von der NordLB dem Handelsblatt.

29. September 2008: Porsche legt Pflichtangebot für Audi vor, nachdem Porsche Mitte September seine Anteile an VW auf mehr als 35 Prozent aufgestockt hat. „Allerdings sieht Porsche Audi als integralen Bestandteil des Volkswagen-Konzerns und hat nicht die Absicht, Audi herauszulösen“, betonte Porsche. Porsche bietet den Audi-Aktionären lediglich den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestpreis von 485,83 Euro je Aktie.

07. Oktober 2008: Die Volkswagen-Aktie steigt seit Wochen entgegen des Börsen-Trend nach oben. Heute erreicht das Papier ein Kursgewinn von 50 Prozent. Mit 452 Euro wurde zwischenzeitlich ein neuer Rekordkurs gehandelt. Ein Kursgewinn von mehr als 150 Prozent seit Jahresanfang.

21. Oktober 2008: Die VW-Aktie setzt ihre Talfahrt fort und verliert 12,4 Prozent. Kurs: 242,75 Euro.

23. Oktober 2008: Während fast alle deutschen Aktien ins Minus rutschten, legte die VW-Aktie wochenlang kräftig zu. Seit einer Woche hat die VW-Aktie jedoch 40 Prozent ihres Wertes verloren. Heute fällt sie um rund sieben Prozent auf 226 Euro.

27. Oktober 2008: Ein mehr als 200-prozentiger Kurssprung der VW-Aktie treibt die Börse. Neues Kurshoch von 635 Euro.

28. Oktober 2008: Die Volkswagen-Aktie kostet zweitweise 1005 Euro. Damit ist Volkswagen 300 Milliarden Euro wert und damit das teuerste Unternehmen der Welt.

29. Oktober 2008: Porsche weist von sich, an den Turbulenzen um den VW-Aktienkurs schuld zu sein. „Wir verkaufen keine Stammaktien, nur Optionen“, sagte ein Sprecher. Die Stuttgarter hatten am Wochenende bekanntgeben, ihren Anteil an VW auf 42,6 Prozent erhöht zu haben und zusätzlich 31,5 Prozent in Form von Optionen zur Kurssicherung zu halten.

Paintball ist die Wurzel allen Übels

Ich gebe es ja zu. Ich bin noch nie mit einer Farbpistole durch einen Parkur gehetzt, hab noch nie versucht, meine Mitspieler abzuballern. Auch Videospiele, die das Ziel haben, virtuelle Menschen, Aliens oder andere Fantasiefiguren zu zerlegen, finde ich ziemlich dämlich. Als ebenso dämlich finde ich den Vorschlag der Arbeitsgruppe aus Experten der Innenministerien von Bund und Ländern, Gotcha (Paintball) und Laserdrome zu verbieten. Diese Arbeitsgruppe fand sich anlässlich des Amoklauf von Winnenden zusammen um Konsequenzen aus der Bluttat eines 17-Jährigen zu ziehen. Die Große Koalition hat sich Zeitungsberichten zufolge weiter auf eine Verschärfung des Waffenrechts verständigt, das unter anderen die kurzfristige Einführung eines bundesweiten Waffenregisters vorsieht. Wie üblich sind Details nach wie vor strittig. Ob Waffenbesitzer verdachtsunabhängig kontrolliert werden dürfen und ob Waffenschränke in Zukunft nur noch biometrisch gesichert werden dürfen, darüber herrscht noch keine Einigkeit. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Vorschläge der Arbeitsgruppe zügig umgesetzt werden. Die nächste Bundestagswahl steht schließlich vor der Tür.

Die Arbeitsgruppe spricht sich unter anderem für ein Verbot „sogenannter Spiele“ wie Gotcha und Laserdrome aus. Es bestehe die Gefahr, „dass Gewalt verharmlost wird und hierdurch Hemmschwellen zur Gewaltanwendung abgebaut werden“, zitiert die Berliner Zeitung das Ergebnispapier der Arbeitsgruppe. So soll eine Veranstaltung oder deren Teilnahme an „menschenverachtenden Spielen“ als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro nach sich ziehen.

Nicht dass es mich interessiert, ob Jugendliche oder scheinbar Erwachsene durch den Wald hetzen und Plastikkugeln mit Farbfüllung verschießen. So stelle ich mir schon die Frage, ob die Hemmschwelle zu einem Amoklauf tatsächlich sinkt, wenn ich vorher begeistert Paintball gespielt habe. Dass die Mitgliedschaft in einem Spotschützenclub inzwischen Betroffene zu potentiellen Attentäter macht, ist eine weitere Nebenerscheinung, die einem den Kopf schütteln lässt.

Ich bin nur froh, dass noch keiner ernsthaft versucht hat, an der Schuldunfähigkeit von Kindern unter 14 Jahren zu rütteln. Denn wenn das Räuber und Gendarm-Spielen – und das haben wir alle als Kinder gespielt – ebenfalls unter das Verbot fallen sollte, sehe ich draußen im Wald tagtäglich herscharen von Gesetzesbrecher – und potentieller Amoklauf-Nachwuchs.

Abwrackprämie: Chronik des Versagens

Ende 2008: Der PKW-Absatz bricht ein und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) greift der Automobilindustrie unter die Arme. Aus dem Hut wird die „Umweltprämie“ gezaubert. Jeder, der ein neues Auto kauft und sein altes Auto verschrottet, soll 2.500 Euro vom Staat erhalten. Dafür werden im Konjunkturpaket II insgesamt 1,5 Milliarden Euro bereitgestellt. Interne Prognosen gehen davon aus, dass höchstens die Hälfte der Mittel überhaupt benötigt werden.

27. Januar 2009: Seit heute gilt die Abwrackprämie. Das Geld reicht für 600.000 Autos. Es gilt das Prinzip: Wer zu erst kommt, mahlt zuerst. Die Deutschen sind im Kauffieber, stürmen die Autohäuser.

06. Februar 2009: Der Bafa liegen seit dem Start der Abwrackprämie 17.500 schriftliche Anträge vor. In der Presse ist in den folgenden Tagen von 50.000, bald 100.000 Anträgen die Rede. Dem Volk wird klar, dass das Geldgeschenk bald zur Neige gehen wird. Und die Politik fragt sich, wie man damit umzugehen hat.

Mitte Februar 2009: Niemand hat das Konzept offensichtlich bis zum Ende durchdacht. Die Prämie ist an die Bedingung geknüpft, dass die Neuzulassung eines Fahrzeuges nachgewiesen werden kann. Aufgrund der Nachfrage steigt die Lieferfrist der Automobilhersteller. Viele potentielle Neuwagenbesitzer fürchten, leer auszugehen.

Daraufhin ändert die Bundesregierung das Verfahren. Ab Ende März sollen die Prämienanwärter ihre Anträge online stellen. Aufgrund der Reservierungsbestätigung soll der Prämienanspruch entstehen – auch wenn der Wagen noch nicht zugelassen wurde. Der von einem „Tsunami“ überraschte Bafin-Chef Arnold Wallraff braucht schnell eine IT-Lösung.

Es wird die IT-Firma Arago aus Frankfurt beauftragt, schnell eine IT-Lösung zu präsentieren. Laut eigenen Angaben beschäftigt sich dessen Technikvorstand Chris Boos seit 15 Jahren mit IT-Sicherheit und Computerarchitektur.

25. März 2009: Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Vize Frank-Walter Steinmeier (SPD) diskutieren öffentlich darüber, wie mit der Verlängerung der Abwrackprämie umzugehen sei. Beide sind sich darüber im Klaren, dass ein neues Auto das beste aller Wahlversprechen für die kommende Bundestagswahl ist.

30. März 2009: Die Online-Reservierung ist im Internet unter www.bafa.de zu erreichen. Oder auch nicht. Der Server geht in die Knie. Die Anfragen werden nur über einen Server beantwortet, der dem absehbaren Ansturm nicht stand hält. Weiterer Fehler: die persönlichen Daten der Antragssteller werden nicht via SSL verschlüsselt.

Ferner ist von betroffenen Antragsteller zu hören, dass diese eine Bestätigung mit den kompletten Datensätzen anderer Antragsteller erhalten haben. Andere Anträge verschwinden völlig. Ebenso die Pressesprecher der Bafa wie deren IT-Firma.

Anfang April: Es ist nun sichergestellt, dass jeder Antragsteller zu seinen 2.500 Euro Abwrackprämie kommt. Glücklicherweise verliert das Online-Portal zur Beantragung an Bedeutung, so dass keiner es für nötig hält, die Fehler auszumerzen. Ob der panische Schnellschuss ein großer Fehler war und das Chaos nur  vergrößert hat, will keiner der Verantwortlichen bewerten.

Mitte Mai: Der Ansturm auf die Prämie hat inzwischen nachgelassen. Rund 100 Tage nach dem Start haben die meisten Abwrackwilligen inzwischen ein Auto gekauft, das Strohfeuer beginnt zu verlöschen. Auf einen positiven Bescheid der Bafa warten die meisten Antragsteller bisher noch vergeblich. Lauf Angaben der Bafa beinhaltet der Stapel der unbearbeiteten Anträge rund 1.000.000 Anträge. Wie viele Anträge verloren gegangen sind, weiß bis dato noch niemand. Die Bafa beschäftigt inzwischen Zeitarbeiter um dem Chaos Herr zu werden.

Das Elterngeld und die Statistik

Ja ist jetzt die Geburtenrate gestiegen oder nicht? Hat das Elterngeld endlich den Erfolg gebracht, dass in ein paar Jahren mehr rotzfreche Bengel mich in der Straßenbahn anpöbeln oder sterben wir langsam aus? Tja, wenn ich das nur wüsste …

Eine neue Studie zeigt wohl, dass zwar die Zahl der Mütter nicht steigt, wohl aber deren Anzahl Kinder. Soll heißen, Mütter bekommen nun mehr als durchschnittlich 1,x Kinder. Statistiker rechnen mit 675000 Neugeborenen. In Prozent ausgedrückt ist das ein Rückgang von 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. So musste also das statistische Bundesamt trotz Elterngeld mitteilen, dass im vergangenen Jahr erneut weniger Kinder auf die Welt gekommen sind.

Gemäß dem Motto „traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ kann man auch viel positives aus den Zahlen errechnen. Zeigen die Zahlen, dass die Zahlen der Geburten absolut gesunken sind, so zeigen diese Zahlen nicht, dass die Zahl der Frauen im geburtsfähigen Alter noch stärker gesunken ist.

„Wir haben durch die geringen Geburtenzahlen der vergangenen Jahrzehnte einen starken Rückgang der potentiellen Mütter“, so Reiner Klingholz, Leiter des Berliner Instituts.

Selbst bei einer gleichbleibenden Geburtenrate könne die Zahl der Kinder deshalb nicht steigen – denn wo weniger Frauen sind, werden auch weniger Kinder geboren. „Dass die Zahl der Geburten quasi gleich geblieben ist, ist deshalb schon ein kleiner Erfolg.“

Besonderes Augenmerk richten die Forscher gen Osten. Denn mit der Einführung des Elterngeldes haben die neuen Bundesländer massiv zugelegt. „Parallel zur Einführung des Elterngeldes 2007 werden Familiengründungen in ganz Deutschland wieder häufiger. Der Effekt war besonders im Osten Deutschlands zu beobachten, unter anderem, weil dort der Nachholbedarf nach dem massiven Geburteneinbruch Mitte der neunziger Jahre bis heute anhält.“, so Klingholz weiter.

Wurden 1997 in den neuen Bundesländern durchschnittlich nur 1,04 Kinder pro Frau geboren, waren es 2006 wieder 1,3 Kinder. Der Westen senke im gleichen Zeitraum seine Quote von 1,44 auf 1,34 Kinder.

„Weil das 2007 eingeführte Elterngeld die Doppelverdienergemeinschaft und damit erwerbstätige und oft auch gut qualifizierte Frauen begünstige, können diese Regionen davon nur wenig profitieren“, so die Forscher. Gemeint ist damit, dass die Geburtenrate im Vergleich zu ländlichen Regionen hauptsächlich in den Städten gestiegen ist. „In den Städten wurden in den vergangenen Jahren größere Fortschritte gemacht, was zum Beispiel den Ausbau der Ganztagsbetreuung angeht“, so Klingholz.

So ziehen die Forscher das Fazit, dass die Effekte des Eltergeldes sich als „ernüchternd“ erwiesen hätte, es aber keinen „Weg zurück“ geben würde. „Der Ausbau der Kinderbeetreuung unabhängig vom Erwerbsstatus der Eltern und von Ganztagesschulen ist dringend geboten – auch weil die Volkswirtschaft auf qualifizierte Frauen angewiesen ist.“

Eiszeit im Kühlschrank

Nun gut, ich bekenne mich dazu. Ich bin ein Öko-Schwein. Ich habe einen Kühlschrank. Einen alten. Ehrlich gesagt, ich habe zwei Kühlschränke. Einer steht im Keller – nur für meine Getränke. Was sehr dekadent klingt, ist sehr praktisch. Denn gerade im Sommer ist kellerkaltes Bier auch nicht gerade erfrischend. Und für diesen Zweck ist Omas alter Kühlschrank ideal. Gut, im Winter muss ich die Leistung des Kühlschranks ein wenig runterdrehen, denn sonst bekomme ich schon mal einen Vorgeschmack auf die kommende Eiszeit. Im Sommer dagegen läuft alles optimal. Auch das Zählrad am Stromzähler.

Jetzt schrecke ich natürlich auf. Die EU-Kommission hat neue Energie-Labels für Haushaltsgeräte beschlossen. So erfahre ich, dass ein Altgerät der Effizienzklasse C gegenüber einem Kühlschrank der Klasse A++ rund 150 Euro Strom im Jahr mehr verbraucht. Das schreckt natürlich auf. Doch welche Effizienzklasse hat mein Uralt-Gerät?

Nach Willen der EU-Kommission wird es künftig nur noch wenig Energieeffizienzklassen geben, denn ab kommenden Juli dürfen keine Kühlschränke mehr in den Handel kommen, die nicht mindestens Effizienzklasse A erreichen. Darauf haben sich die EU-Mitgliedsstaaten bei der Tagung des „Regelungsausschusses für Ökodesign und Verbrauchskennzeichnung“ geeinigt. Weiter wurde eine grundsätzliche Neugestaltung der Energie-Labels für Haushaltsgeräte beschlossen. Neben der bisher üblichen Kategorien G bis A inklusive Unterkategorien soll auf den Etiketten nun auch ausgewiesen werden, wie viel Prozent Strom das Gerät weniger verbraucht als ein Vergleichsgerät der Effizienzklasse A. Bei einem niedrigeren Stromverbrauch von 25 Prozent gegenüber der Klasse A wird also auf dem Etikett künftig „A-25%“ vermerkt sein. Zwei Jahre später sollen dann nach dem Willen der EU-Kommission dann auch Geräte der A-Klasse aus dem Handel verschwinden. Zur Referenzklasse steigen dann Geräte der Klasse A+ auf.

In Europa verkaufte Waschmaschinen müssen ab Juli 2010 die Effizienzklasse A erfüllen. Ab Sommer 2013 dient hier die Klasse A+ als Referenz. Und Fernseher? Ab Juli kommenden Jahres dürfen in Europa nur noch Geräte verkauft werden, deren Verbrauch „unter dem Durchschnitt“ liegt. Als Referenzformel für Full-HD-Geräte mit einer Auflösung von 1920 × 1080 Pixeln werden 20 Watt + Displaygröße in Quadratdezimetern × 1,12 × 4,3224 Watt/dm2 angegeben. Alles klar? Bei allen anderen Fernseher liegt der Grenzwert dann bei 20 Watt + Displaygröße in Quadratdezimetern × 4,3224 Watt/dm2.

Was das bringt? Die EU-Kommission erhofft sich dadurch „klare Informationen“. Und natürlich eine massive Energieeinsparung. Diese soll bis zum Jahr 2020 zu jährlichen Energieeinsparungen in Höhe von 51 TWh (Fernsehgeräte: 43 TWh, Kühl- und Gefriergeräte: 6 TWh, Waschmaschinen: 2 TWh) führen. Zum Vergleich soll diese Menge dem jährlichen Stromverbrauch von Portugal und Lettland zusammen entsprechen. Die Abschaffung der Glühlampen soll bis 2020 weitere 80 TWh einsparen.

Ob das Ziel, „klare Informationen“ dem Käufer zu vermitteln, wirklich erfüllt wird, kann bezweifelt werden. Ich jedenfalls renne nicht sofort in den nächsten Geiz-Markt und entsorge Omas Erbstück. Auch wenn eine Ersparnis von 150 Euro im Jahr sicherlich nicht zu verachten sind. Immerhin werde ich nächsten Winter den Stecker aus meinem Getränkekühlschrank ziehen.

Chronik: Die Opel-Rettung (Teil 3)

25.04.2009: „Magna ist ein potenziell interessanter Partner“, so Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gegenüber dem „Spiegel“. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums berät Guttenberg Anfang kommender Woche mit dem Autozulieferer Magna über dessen Interesse an einem Einstieg bei Opel.

24.04.2009: General Motors erhält von der US-Regierung einen zusätzlichen Kredit über weitere zwei Milliarden Dollar. Neben Chrysler zeigt Fiat-Chef Sergio Marchionne jetzt auch Interesse an Opel. Der kanadisch-österreichische Autozulieferer Magna ist neben Fiat der zweite Hauptinteressent für Opel. Der Konzern setzt auf mehr Selbstständigkeit und erwägt vor diesem Hintergrund den Ausbau der eigenen Fahrzeugproduktion.

23.04.2009: Der russischen Autobauer GAZ dementierte entsprechende Gerüchte um einen Einstieg bei Opel. „Gaz Group führt keine Verhandlungen zum Kauf eines Anteils an Opel und erwägt auch keine Form von Beteiligung am Kapital dieses Unternehmens“, erklärte die stellvertretende Gaz-Chefin Elena Matveeva.

22.04.2009: General Motors selbst hält die Rückzahlung eines am 1. Juni fällig werdenden Kredits von einer Milliarde Dollar für unwahrscheinlich. Unterdessen dementieren das Emirat Abu Dhabi als auch der Finanzinvestor Cerberus, beide wurden als potenzielle Investoren gehandelt, möglichen Interessen für einen Einstieg bei der deutschen Tochter des krisengeschüttelten US-Autokonzerns General Motors.

21.04.2009: Einem Zeitungsbericht der „Rheinische Post“ zufolge erwäge der Investor Cerberus Capital Management LLC einen Einstieg von bis zu 25 Prozent bei Opel. Auch erwäge der italienische Autokonzern Fiat einen Einstieg, sollte es eine europäische Lösung geben. Der Finanzinvestor Cerberus, dem auch der angeschlagene US-Autobauer Chrysler gehört, äußert sich nicht zu dem Bericht.

20.04.2009: Die „Financial Times“ berichtet unter Berufung auf zwei mit der Situation vertraute Personen, dass GM bereit sei, seine schwedische Marke Saab und die deutsche Tochter Opel kostenlos abzugeben. Opel und Saab könnten dann zu einer Unternehmensgruppe zusammengefasst werden, die in Deutschland angesiedelt werden soll. Mehrere europäische Länder sollen sich bereit erklären, Garantien in Höhe von 3,3 Mrd. Euro zu übernehmen

Chronik: Die Opel-Rettung (Teil 2)

18.04.2009: Zeitungen in den USA und Italien berichten, dass Fiat Interesse an Opel hätte. Fiat-Verwaltungsratschef Luca de Montezemolo dementiert hingegen entsprechende Aussagen. Der angeschlagene US-Autobauer General Motors will auf Druck der US-Regierung seine Schulden gegen Aktien tauschen.

17.04.2009: GM-Chef Fritz Henderson kündigt an, dass der US-Autobauer General Motors erneut fünf Milliarden Dollar vom US-Staat benötigt. Henderson berichtet weiter, man habe Verbindung mit mehr als einem halben Dutzend potenzieller Käufer aufgenommen, die ernsthaftes Interesse an Opel zeigten. Unter ihnen seien Finanzinvestoren und Unternehmen aus der Autoindustrie. Opel macht gegenüber GM Forderungen in Milliardenhöhe geltend und einigt sich mit einem Tausch gegen Patentlizenzen. Das Handelblatt berichtet, dadurch würde Opel künftig jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag sparen.

16.04.2009: GM will sich nun von mehr Marken trennen, als bisher geplant. Zur Disposition stehen nun noch  GMC und Pontiac. Bisher stehen schon zum Verkauf: Saab, Hummer sowie Saturn. Demnach würden bei GM nur noch drei Marken verbleiben: Chevrolet, Buick und Cadillac.

15.04.2009: Opel meldet, dass aufgrund der Mittelklasselimousine Insignia die Liquidität des Autobauers wohl doch länger als gedacht reichen werde. Man spricht von einem kleinen „Finanzpolster“.

13.04.2009: Die US-Regierung erarbeitet einen eigenen Sanierungsplan für GM. US-Präsident Barack Obama nimmt dazu Stellung. Eine Möglichkeit wäre, dass der Staat bei General Motors einsteigen und kurzfristig selbst zum Autobauer werden würde.

08.04.2009: GM erhält einen Dispokredit in Höhe von zwei Mrd. Dollar um damit Schulden bei ihren Zulieferern begleichen zu können.

07.04.2009: Wie die „Financial Times“ berichtete sind an einem Einstieg beim Opel bis zu sieben Investoren interessiert. Unter den Interessenten seien mehrere Staatsfonds und zumindest eine Beteiligungsgesellschaft aus Asien. Innerhalb der von US-Präsident Barack Obama gesetzten Frist für ein Rettungskonzept der Opel-Mutter General Motors bis Ende Mai wolle Opel „signifikante Fortschritte“ bei der Suche nach Investoren machen, zitierte FTD einen GM-Manager.

06.04.2009: Die Bundesregierung beruft auf der Suche nach Investoren für Opel den Experten und Investmentbanker Eric Fellhauer von Lazard in die Task-Force. Auf der Suche nach Investoren sei auch ein arabischer Investor aus Abu Dhabi. Dessen Repräsentanten hätten bereits erste Gespräche mit Vertretern der Regierung und der Bundesländer mit Opel-Standorten geführt

Der Hype der Online-Beteiligung von TV-Sendern ist vorbei

Derzeit sucht die TV-Sendergruppe ProSiebenSat.1 laut einem Bericht der Financial Times Deutschland (FTD) Käufer für seine Webgeschäfte, zu denen unter anderem Wer-weiss-was.de, reise.de und wetter.com gehören. So sollen sechs von insgesamt neun Onlineportalen zur Disposition stehen. Die Portale der eigenen Sender (Sat.1, kabel eins, N24) und den Dienst MyVideo will der Medienkonzern behalten, da sie – so die Gruppe – zum Kerngeschäft gehören und sich MyVideo ideal für eigene Fernsehformate im Web sowie zur Werbung für TV-Sendungen eigne.

Fraglich ist aber laut FTD, ob der Konzern in der derzeitigen Wirtschaftskrise seine Preisvorstellungen erzielen kann. So war bereits der Versuch gescheitert, das Frauenportal Fem.com zu verkaufen. ProSiebenSat1 forderte für das Portal einen hohen einstelligen Millionenbetrag. Um die Konzernschulden weiter zu minimieren hatte ProSiebenSat.1 schon im Februar den profitablen Preisvergleichsdienst billiger.de mit einem Jahresumsatz von 11 Millionen Euro veräußert, konnte jedoch nur 10 Millionen Euro erzielen. Laut FTD interessiert sich für Lokalisten.de das Mobilfunkunternehmen E-Plus sowie die Axel Springer AG für wer-weiss-was.de und wetter.com. Ob sich die Preisvorstellungen jedoch aktuell verwirklichen lassen, liegt laut FTD noch in weiter Ferne.

Dennoch ist der Online-Markt nach wie vor hochinteressant. Im Bereich Partnersuche bekommt das Internet immer größere Bedeutung. 1,3 Millionen Deutsche haben nach einer Umfrage des Branchen-Verbands BITKOM im World Wide Web ihren Lebensgefährten gefunden. Eine Freundschaft per Internet fanden nach dieser Umfrage 8,8 Millionen Deutsche. Nach eigenen Angaben  sind bereits 2,7 Millionen Deutsche in Online-Singlebörsen auf die Suche nach Bekanntschaften gegangen.

In Online-Netzwerken und Communitys knüpften 5,1 Millionen Menschen Kontakte. Beim vernetzten Spielen lernten etwa 4,7 Millionen Deutsche neue Leute kennen. Während Online-Spiele laut Umfrage hauptsächlich Männer locken, sind in Foren und Online-Netzwerken mehr Frauen unterwegs. Das Internet ist aber auch gut fürs Geschäft: Mehr als 2,6 Millionen Benutzer stellten laut dieser Umfrage im Internet Business-Kontakte her. Die Umfrage im Auftrag der BITKOM wurde zwischen dem 2. und 10. Februar erstellt und stützt sich auf die Befragung von 1002 Deutsche ab 14 Jahren.